Allein-, Mit- und Gesamteigentum - Eigentumsarten im Kanton Luzern

Allein-, Mit- und Gesamteigentum - Eigentumsarten im Kanton Luzern

Ein Grundstück oder eine Immobilie kann in der Schweiz nicht nur einer einzelnen Person gehören, sondern auch mehreren gemeinsam. Das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) unterscheidet dabei drei grundlegende Eigentumsformen: Alleineigentum, Miteigentum und Gesamteigentum. Jede dieser Formen bringt eigene Rechte, Pflichten, Vor- und Nachteile mit sich.

Gerade im Kanton Luzern, wo viele Menschen Immobilien als Kapitalanlage, Altersvorsorge oder gemeinsames Familienprojekt erwerben, ist es wichtig, die Unterschiede genau zu kennen. Die Wahl der Eigentumsform hat nicht nur praktische Auswirkungen auf die Nutzung, sondern auch auf die Finanzierung, die Verwaltung und die Veräusserung eines Grundstücks.

Im Folgenden werden die drei Eigentumsarten detailliert vorgestellt – mit rechtlichen Grundlagen, Vorteilen, Nachteilen und konkreten Beispielen aus der Praxis.

1. Alleineigentum – Volle Kontrolle und Verantwortung

Beim Alleineigentum gehört das Grundstück oder die Immobilie einer einzigen Person. Der Eigentümer kann über die Sache frei verfügen – er darf sie nutzen, verkaufen, belasten (z. B. mit einer Hypothek) oder umbauen, solange er die geltenden Gesetze und Vorschriften beachtet.

Vorteile des Alleineigentums

• Uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit: Niemand kann die Pläne des Eigentümers blockieren.

• Einfache Verwaltung: Es gibt keine Abstimmungsprozesse mit Dritten.

• Freie Finanzierung: Hypotheken und Kredite können individuell abgeschlossen werden.

Nachteile des Alleineigentums

• Alleinige finanzielle Verantwortung: Erwerbskosten, Hypotheken und Unterhalt lasten auf einer einzigen Person.

• Keine Absicherung für andere: Partner oder Familienmitglieder haben ohne spezielle Vereinbarung keine Rechte.

Beispiel aus der Praxis

Anna kauft ein Einfamilienhaus in Luzern auf ihren eigenen Namen. Sie kann die Immobilie jederzeit verkaufen oder belehnen, ohne jemanden um Erlaubnis zu fragen. Gleichzeitig trägt sie aber auch allein die Kosten für Renovationen, Hypotheken und Versicherungen.

Gesetzliche Grundlage

• Art. 641 ZGB: „ Wer Eigentümer einer Sache ist, kann in den Schranken der Rechtsordnung über sie nach seinem Belieben verfügen.“

2. Miteigentum – Eigentum nach Quoten

Beim Miteigentum gehört das Grundstück mehreren Personen gemeinsam, wobei jeder Miteigentümer einen bestimmten Anteil besitzt. Diese Anteile werden entweder vertraglich vereinbart oder – wenn nichts anderes bestimmt ist – zu gleichen Teilen aufgeteilt.

Charakteristik des Miteigentums

• Jeder Miteigentümer kann über seinen Anteil frei verfügen, also verkaufen oder belasten.

• Über die Sache als Ganzes (z. B. ein Grundstück oder Gebäude) können die Miteigentümer jedoch nur gemeinsam entscheiden.

• Typisch ist das Miteigentum bei Stockwerkeigentum – einer Sonderform, die im Alltag weit verbreitet ist.

Vorteile des Miteigentums

• Flexibilität: Jeder kann über seinen Anteil frei verfügen.

• Individuelle Finanzierung: Hypotheken können anteilig aufgenommen werden.

• Klarheit: Eigentumsquoten sind genau bestimmt.

Nachteile des Miteigentums

• Komplexere Entscheidungsprozesse: Bei baulichen Massnahmen oder der Nutzung des ganzen Grundstücks ist oft die Zustimmung aller nötig.

• Vorkaufsrecht: Andere Miteigentümer haben gemäss Art. 682 ZGB ein gesetzliches Vorkaufsrecht, wenn ein Anteil verkauft wird (Ausnahme: Stockwerkeigentum).

Beispiel aus der Praxis

Peter und Lisa kaufen gemeinsam ein Mehrfamilienhaus in der Stadt Luzern. Peter besitzt 60 %, Lisa 40 %. Peter möchte seinen Anteil verkaufen. Lisa hat jedoch ein gesetzliches Vorkaufsrecht und darf den Anteil übernehmen, bevor er an Dritte verkauft wird.

Gesetzliche Grundlagen

Art. 646 ff. ZGB: Miteigentum

Art. 682 ZGB: Gesetzliches Vorkaufsrecht

Art. 712a ff. ZGB: Stockwerkeigentum (besondere Form des Miteigentums)

3. Gesamteigentum – Untrennbare Gemeinschaft

Das Gesamteigentum unterscheidet sich grundlegend vom Miteigentum: Hier gibt es keine individuellen Quoten. Das Grundstück gehört allen Gesamteigentümern gemeinsam, und keiner kann allein über seinen Anteil verfügen. Entscheidungen müssen immer gemeinschaftlich getroffen werden.

Typische Fälle von Gesamteigentum

• Erbengemeinschaft: Nach einem Todesfall gehören die Nachlassimmobilien allen Erben zusammen (Art. 602 ff. ZGB).

• Eheliche Gütergemeinschaft: Ehepartner können Vermögen gemeinsam als Gesamteigentum halten (Art. 221 ff. ZGB).

• Einfache Gesellschaft: Wenn mehrere Personen gemeinsam ein Grundstück erwerben, ohne feste Quoten (Art. 530 ff. OR).

Vorteile des Gesamteigentums

• Schutz vor Einzelentscheidungen: Niemand kann allein über das Grundstück verfügen.

• Klare Gemeinschaftsbindung: Besonders sinnvoll in Erbengemeinschaften.

• Gleichberechtigung: Alle Gesamteigentümer haben die gleichen Rechte und Pflichten.

Nachteile des Gesamteigentums

• Keine individuelle Verfügungsmacht: Niemand kann seinen „Anteil“ verkaufen oder beleihen.

• Komplizierte Entscheidungsfindung: Alle müssen einverstanden sein.

• Hohe Konfliktgefahr: Besonders in Erbengemeinschaften oder bei Scheidungen.

Beispiel aus der Praxis

Drei Geschwister erben ein Einfamilienhaus in Sursee. Sie sind Gesamteigentümer. Keiner kann das Haus allein verkaufen oder belasten. Alle drei müssen gemeinsam entscheiden, ob sie das Haus behalten, vermieten oder veräussern.

Gesetzliche Grundlagen

Art. 221 ff. ZGB: Gütergemeinschaft

Art. 602 ff. ZGB: Erbengemeinschaft

Art. 530 ff. OR: Einfache Gesellschaft

4. Vergleich der Eigentumsarten

Um die Unterschiede besser zu verstehen, hilft eine Übersicht:

5. Praktische Bedeutung im Kanton Luzern

Im Kanton Luzern spielen alle drei Eigentumsformen eine wichtige Rolle:

• Alleineigentum ist nach wie vor weit verbreitet, vor allem bei Einfamilienhäusern in ländlichen Gebieten.

• Miteigentum und Stockwerkeigentum haben in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen, besonders in städtischen Regionen wie Luzern, Sursee oder Emmen, wo Wohnraum knapp ist.

• Gesamteigentum tritt häufig in Erbfällen auf, wenn Geschwister oder Familienmitglieder gemeinsam eine Liegenschaft erben und über deren Zukunft entscheiden müssen.

Gerade im städtischen Raum Luzern gewinnt das Stockwerkeigentum als spezielle Form des Miteigentums zunehmend an Bedeutung. Es erlaubt, innerhalb eines Mehrfamilienhauses einzelne Einheiten (z. B. Wohnungen) mit einem Sonderrecht zu nutzen und dennoch gemeinschaftlich über Dach, Fassade oder Treppenhaus zu entscheiden.

6. Fazit – Welche Eigentumsform passt zu dir?

Die Wahl der Eigentumsform ist entscheidend und sollte bewusst getroffen werden:

• Alleineigentum eignet sich, wenn man volle Kontrolle und Entscheidungsfreiheit haben möchte – aber auch bereit ist, die volle finanzielle Verantwortung zu tragen.

• Miteigentum ist sinnvoll, wenn mehrere Personen investieren, ihre Anteile aber individuell handhaben möchten. Das ist häufig bei Paaren oder Geschäftspartnern der Fall.

• Gesamteigentum ergibt sich meist von selbst – z. B. durch Erbschaften – und setzt eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten voraus.

Wer in Luzern eine Immobilie erwerben möchte, sollte sich nicht nur mit der Finanzierung und dem Kaufpreis befassen, sondern auch genau überlegen, welche Eigentumsform den eigenen Bedürfnissen entspricht. Denn davon hängt ab, wie viel Freiheit, Verantwortung und Mitspracherecht man in Zukunft hat.

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