Das Reglement der Stockwerkeigentümer im Kanton Luzern

Das Reglement der Stockwerkeigentümer im Kanton Luzern

Wer eine Eigentumswohnung, die im Stockwerkeigentum liegt, erwirbt, kauft nicht nur „vier Wände“, sondern tritt auch einer Gemeinschaft bei: der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Diese Gemeinschaft bringt Chancen und Vorteile mit sich, erfordert aber auch klare Regeln für das Zusammenleben und die Verwaltung. Genau hier setzt das Reglement der Stockwerkeigentümer oder Stockwerkeigentümerreglement an.

Im vorliegenden Blogbeitrag wird erklärt, was ein Stockwerkeigentümerreglement ist, welche typischen Inhalte es aufweist, welche Wirkungen es entfaltet, wie es errichtet oder abgeändert werden kann und wie eine Notarin oder ein Notar dabei unterstützend beiträgt.

1. Was ist ein Stockwerkeigentümerreglement?

Das Stockwerkeigentümerreglement ist ein von der Stockwerkeigentümergemeinschaft gemeinsam beschlossenes und ausgearbeitetes schriftliches Dokument, das verbindliche Regeln für das Zusammenleben und die Verwaltung der Stockwerkeigentümergemeinschaft festlegt. Das Stockwerkeigentümerreglement hat folgende Funktionen:

- Es beschreibt die Rechtsstellung des einzelnen Stockwerkeigentümers innerhalb der Gemeinschaft. So hält es auch die Wertquoten der einzelnen Eigentümer fest. Diese sind sodann auch relevant für die Quoren bei den Abstimmungen innerhalb der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Zudem wird festgelegt, wer welche Rechte an den im Miteigentum liegenden Anlagen hat.

- Es legt die Organisation der Gemeinschaft fest. Zum Beispiel kann festgelegt werden, wie oft und wann eine Stockwerkeigentümerversammlung einzuberufen ist. Des Weiteren enthält das Reglement oftmals Regelungen zur Verwaltung, z.B. ob ein Dritter damit betraut wird, oder wer für was verantwortlich ist.

- Es schafft Verhaltensregeln und klärt Rechte und Pflichten.

Wichtig: Das Reglement ist kein zwingender Bestandteil des Stockwerkeigentums. Aber: Jeder Eigentümer hat das unentziehbare Recht, den Erlass eines Reglements zu verlangen (Art. 712g Abs. 3 des Zivilgesetzbuches ZGB). Verweigert die Gemeinschaft dies, kann der Erlass gerichtlich durchgesetzt werden.

2. Typische Inhalte eines Reglements

Das Gesetz schreibt keinen „Mindestinhalt“ vor. In der Praxis haben sich aber bestimmte Regelungsbereiche etabliert. Ein gutes Reglement ist detailliert, klar und auf die konkrete Liegenschaft zugeschnitten.

a) Umschreibung des Objekts und der Eigentumsverhältnisse

Das Stockwerkeigentümerreglement beschreibt, was überhaupt Gegenstand des Stockwerkeigentums ist. Das beinhaltet insbesondere:

- Beschreibung der Liegenschaft, der Sonderrechte (z.B. einzelne Wohnungen, Kellerabteile) und der gemeinschaftlichen Teile resp. Teile, die im Miteigentum liegen (z.B. Treppenhaus, Dach, Garten).

- Zweckbestimmungen: etwa, dass die Wohnungen nur zu Wohnzwecken dienen dürfen oder dass gewerbliche Nutzung eingeschränkt ist.

b) Nutzung der gemeinschaftlichen Teile

Die Benutzung der in a) als im Miteigentum liegenden definierten Anteile bedarf klarer Regeln. Dazu gehören:

- Regelungen zur Benutzung von Waschküche, Trockenraum, Spielplatz, Garten, Autoabstellplätzen.

- Festlegung von Sondernutzungsrechten, etwa exklusiver Gebrauch einer Terrasse, eines Gartenteils oder eines Parkplatzes.

- Einschränkungen zur äusseren Gestaltung: z.B. Markisen oder Verglasungen an Balkonen erlaubt sind.

c) Versammlung, Verwaltung und Beschlussfassung

Die Stockwerkeigentümer verwalten das Grundstück im Rahmen der Stockwerkeigentümerversammlung gemeinsam und sorgen dafür, dass das Grundstück, sowie darauf stehenden Bauten und Anlagen instandgehalten werden. Das Stockwerkeigentümerreglement enthält meist Regeln zu:

- Organisation der Stockwerkeigentümerversammlung: Einberufung, Traktandierung, Stimmrechte etc.

- Kompetenzen des Verwalters: Sofern die Versammlung beschliesst, dass die Verwaltung an einen externen Dritten gegeben wird, müssen die Kompetenzen des Verwalters und Vertretung gegen aussen geregelt werden.

- Quoren: Grundsätzlich sieht das Gesetz Quoren für verschiedene Handlungen (z.B. Unterhalt, bauliche Massnahmen, Änderungen des Reglements) vor. Sofern diese nicht durch zwingendes Recht vorgeschrieben werden, kann die Versammlung im Stockwerkeigentümerreglement eigene Quoren festlegen.

d) Finanzen und Lastenverteilung

Da die Stockwerkeigentümer Miteigentümer des Grundstücks sind, fallen auch diverse Kosten an, die sämtliche Stockwerkeigentümer betreffen. Das Stockwerkeigentümerreglement sieht meist Regelungen betreffend die Kostentragung vor:

- Definition, was überhaupt unter die gemeinschaftlichen Kosten fällt. Dazu gehören der laufende Unterhalt, Reparaturen, allgemeine Betriebskosten (z.B. Stromkosten für das Licht im Treppenhaus oder den Lift), Aufwendungen für ausserordentliche Erneuerungsarbeiten oder auch der Lohn des Hauswarts.

- Festlegung des Kostenverteilschlüssels: in der Regel nach Wertquoten, aber für Sonderfälle kann auch eine abweichende Regelung festgelegt werden.

- Regelungen zu Rückstellungen für Renovationen oder Sanierungen: Meist wird in einem Stockwerkeigentümerreglement festgelegt, dass ein sogenannter Erneuerungsfond angelegt wird. Dabei haben die Stockwerkeigentümer für künftig anfallende Unterhalts-, Installations- und Erneuerungsarbeiten regelmässige Beiträge zu entrichten.

- Auch die Folgen bei Zahlungsverzug einzelner Eigentümer können im Reglement geregelt werden.

e) Ordnung und Sanktionen

Auch ganz alltägliche Verhaltensregeln und Konsequenzen bei Verstössen können in einem Stockwerkeigentümerreglement Eingang finden:

- Hausordnung (Ruhezeiten, Haustiere, gemeinschaftliche Anlagen): Oftmals wird die Hausordnung in einem separaten Dokument geregelt, wobei aber das Stockwerkeigentümerreglement einen Verweis darauf macht.

- Sanktionen bei Pflichtverletzungen: Unter gewissen Umständen kann sogar die Möglichkeit des Ausschlusses eines Eigentümers bestehen. Diese ist grundsätzlich gesetzlich geregelt, aber oftmals enthält ein Reglement Spezifizierungen dazu.

f) Weitere Inhalte

Wie eingangs gesehen, ist der Inhalt des Reglements gesetzlich nicht normiert, weshalb es Sinn macht, auch zu folgenden Themen eine Regelung zu treffen:

- Gerichtsstands- oder Schiedsgerichtsklauseln: Damit bei Streitigkeiten die anzurufenden Instanzen bereits festgelegt sind.

- Vorkaufsrechte für Eigentümer beim Verkauf von Einheiten: Es gibt kein gesetzliches Vorkaufsrecht der übrigen Stockwerkeigentümer, wenn eine Stockwerkeigentumseinheit verkauft werden soll. Sofern ein Vorkaufsrecht begründet werden soll, müssen die Stockwerkeigentümer dies vertraglich abmachen.

- Anmerkung im Grundbuch: siehe gleich unten.

3. Wirkung und Grundbuchanmerkung

Das Stockwerkeigentümerreglement entfaltet sogenannte realobligatorische Wirkung, wenn es im Grundbuch angemerkt wird. Das heisst, dass es nicht nur für die aktuellen Eigentümer gilt, sondern auch für deren Rechtsnachfolger und sogar für Erwerber beschränkter dinglicher Rechte (z.B. Pfandrechte).

Deshalb ist eine Anmerkung im Grundbuch empfehlenswert:

- Sie erhöht die Publizitätswirkung des Reglements;

- Sie erhöht dadurch auch die Rechtssicherheit, da das Reglement für Dritte sichtbar wird.

- Sie erleichtert die Durchsetzung gegenüber späteren Erwerbern.

Die Voraussetzungen für die Anmerkung im Grundbuch sind in Art. 80 Abs. 3 der Grundbuchverordnung (GBV) geregelt: Das Reglement muss schriftlich ausgefertigt werden und es muss entweder die Unterschrift aller Eigentümer tragen oder ein beglaubigten Auszugs des Versammlungsprotokolls, aus dem der Beschluss hervorgeht, muss beigelegt werden.

4. Errichtung und Anmerkung

In der Praxis wird das Reglement meistens bereits bei der Begründung des Stockwerkeigentums erstellt und dem Begründungsakt beigelegt. Typischerweise läuft das wie folgt ab:

1. Vorbereitung: Die künftigen Eigentümer oder Investoren (oft mit Unterstützung des Notars) verfassen einen Entwurf.

2. Begründungsakt: Der Notar beurkundet die Begründung des Stockwerkeigentums. Das Reglement wird als Beilage aufgenommen.

3. Grundbucheintrag: Das Grundbuchamt trägt das Stockwerkeigentum ein. Auf Antrag wird das Reglement angemerkt.

4. Wirksamkeit: Mit der Eintragung entsteht die Gemeinschaft – und das Reglement gilt ab diesem Zeitpunkt.

5. Nachträgliche Einführung oder Abänderung

Nicht immer wird bei der Begründung ein Reglement erstellt. Deshalb kann es auch vorkommen, dass das Reglement erst während dem Bestehen der Gemeinschaft erstellt wird oder es bestehen Gründe, das Reglement in gewissen Punkten abzuändern.

a) Nachträgliche Einführung

- Zuständig ist die Stockwerkeigentümerversammlung.

- Beschluss mit qualifiziertem Mehr (Mehrheit nach Köpfen UND nach Wertquoten, Art. 712g Abs. 3 ZGB).

- Jeder Eigentümer kann den Erlass verlangen – nötigenfalls mit gerichtlicher Klage.

b) Abänderung

- Ebenfalls Beschluss der Stockwerkeigentümerversammlung mit qualifiziertem Mehr.

- Sonderregel: Änderungen bei Sondernutzungsrechten bedürfen zusätzlich der Zustimmung der betroffenen Eigentümer (Art. 712g Abs. 4 ZGB).

- Form: Das geänderte Reglement muss wiederum schriftlich vorliegen und kann auf Antrag im Grundbuch neu angemerkt werden.

c) Gerichtlicher Erlass oder Abänderung

Kommt eine Einigung nicht zustande, kann ein Eigentümer den Richter anrufen. Dieser kann den Erlass oder eine Anpassung verfügen, allerdings nur im Rahmen der zwingenden gesetzlichen Vorgaben.

6. Die Rolle des Notars

Der Notar hat im gesamten Prozess eine zentrale Rolle:

- Beratung der Eigentümer, welche Inhalte sinnvoll sind und wie Konflikte vermieden werden können.

- Erstellung oder Anpassung eines Reglements massgeschneidert auf das konkrete Objekt.

- Öffentliche Beurkundung des Begründungsakts und Einbezug des Reglements.

- Einreichung beim Grundbuchamt, inkl. Antrag auf Anmerkung.

- Begleitung bei Änderungen: Unterstützung bei der Formulierung; Prüfung, ob die richtigen Mehrheiten vorliegen; und Sicherstellung der formellen Richtigkeit.

Damit sorgt der Notar dafür, dass das Reglement klar, wirksam und rechtssicher ist – und die Eigentümergemeinschaft auf soliden Grundlagen funktioniert.

Fazit

Das Stockwerkeigentümerreglement ist die Grundlage für ein geordnetes Zusammenleben im Stockwerkeigentum. Es schafft Rechtssicherheit, klärt Rechte und Pflichten, schützt vor Konflikten und erleichtert die Verwaltung.

Ob bei der Begründung oder später: Ein durchdachtes und im Grundbuch angemerktes Reglement ist ein entscheidender Vorteil für jede Eigentümergemeinschaft.

Share this post

Ähnliche Beiträge