Die Stockwerkeigentümergemeinschaft ist eine besondere Form des Miteigentums, welche die gemeinsame Nutzung und Verwaltung von Grundstücken und Gebäuden ermöglicht. Dabei fallen regelmässig gemeinsame Kosten an, die durch die Stockwerkeigentümer als Gemeinschaft zu tragen sind. In diesem Beitrag wird darauf eingegangen, welche Kosten in der Stockwerkeigentümerschaft typischerweise anfallen, wer dafür aufzukommen hat, wie die Bezahlung abgesichert wird und wie durch die Errichtung eines Erneuerungsfonds Kosten für künftig anfallende bauliche Massnahmen sichergestellt werden können.
1. Welche gemeinsamen Kosten fallen an?
Art. 712h des Zivilgesetzbuchs ZGB bildet die gesetzliche Grundlage für die gemeinschaftlichen Kosten und Lasten der Stockwerkeigentümer. Darunter fallen namentlich:
- Unterhalt, Reparaturen und Erneuerungen der gemeinschaftlichen Gebäudeteile und Anlagen (z.B. Dach, Fassade, Heizungsanlage);
- Verwaltungskosten, einschliesslich der Entschädigung des Verwalters;
- Öffentlich-rechtliche Abgaben und Steuern, welche der Gemeinschaft insgesamt auferlegt werden;
- Zins- und Amortisationszahlungen an Hypothekargläubiger, sofern die Gemeinschaft eine gemeinsame Finanzierung aufgenommen hat.
Zu den gemeinschaftlichen Kosten zählen auch Betriebskosten gemeinschaftlicher Teile (z.B. Beleuchtung der Tiefgarage, Hauswartkosten etc.) oder Versicherungsprämien. Wichtig dabei ist, dass die Aufzählung im Gesetz nur beispielhaft und auf keinen Fall abschliessend ist.
Die Eigentümerversammlung kann auch weitere Kosten in die gemeinschaftliche Finanzierung einbeziehen, sofern diese der Verwaltung oder Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums dienen.
2. Wer trägt die Kosten?
Zur Tragung der Kosten verpflichtet sind diejenigen Stockwerkeigentümer, die im Zeitpunkt der Fälligkeit im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sind. Die Beitragspflicht ist realobligatorischer Natur und ist an den Grundbucheintrag gebunden. Dies bedeutet: Wer seine Einheit verkauft, haftet nicht mehr für künftige Kosten – der neue Eigentümer tritt automatisch in die Beitragspflicht ein. Umgekehrt bleibt der bisherige Eigentümer für bereits vor der Eigentumsübertragung fällige, aber noch nicht bezahlte Beiträge haftbar.
Im Kaufvertrag kann festgelegt werden, wer für Forderungen, für die bereits Verträge abgeschlossen wurden, deren Bezahlung aber noch nicht fällig ist, aufkommen soll.
Das Gesetz sieht vor, dass die Kosten und Lasten entsprechend der Wertquoten der einzelnen Stockwerkeigentümer verteilt wird. Das heisst, dass ein Stockwerkeigentümer, der an 24/100 des Grundstücks berechtigt ist, 24% der Kosten zu tragen hat. Diese gesetzliche Regelung ist allerdings dispositiver Natur, was heisst, dass durch einen Versammlungsbeschluss oder eine entsprechende Regelung im Stockwerkeigentümerreglement davon abgewichen kann und die Stockwerkeigentümer unter sich eigene Regelungen treffen können.
Es gibt keine Solidarhaftung der Eigentümer betreffend ihre individuelle Beitragspflicht. Das heisst, dass wenn ein Eigentümer mit seinen Beiträgen ausfällt, keine Nachschusspflicht der anderen Stockwerkeigentümer besteht.
3. Vorschüsse und Deckungsbeiträge
Die gemeinschaftlichen Kosten werden in der Regel durch Vorschüsse (Akontozahlungen) gedeckt, die über die Jahresrechnung abgerechnet werden. Die Eigentümerversammlung beschliesst dazu einen Budgetplan, der die voraussichtlichen Kosten des nächsten Jahres abdeckt und kann anhand dieses Budgets Vorschüsse festlegen.
Nach Abschluss des Rechnungsjahres erfolgt die definitive Abrechnung, bei der Nachzahlungen oder Rückerstattungen fällig werden.
Reichen die liquiden Mittel – die z.B. durch die Leistung von Vorschüssen angesammelt werden – nicht aus, entstehen Deckungsbeiträge, welche die Eigentümer im Umfang ihrer Wertquoten leisten müssen. Solche Nachschüsse werden oft bei ausserordentlichen Ausgaben notwendig, etwa wenn eine unerwartete Dachsanierung nicht aus dem Erneuerungsfonds finanziert werden kann.
4. Der Erneuerungsfonds – Finanzierung von baulichen Massnahmen
Gegenstand des Erneuerungsfonds
Der Erneuerungsfonds ist das finanzielle Rückgrat einer Stockwerkeigentümergemeinschaft, wenn es um die langfristige Werterhaltung des Gebäudes geht. Er stellt sicher, dass grössere Sanierungen und Renovationen nicht zu plötzlichen, hohen finanziellen Belastungen für die Eigentümer führen.
Zweckgebundenes Sondervermögen
Der Erneuerungsfonds ist als zweckgebundenes Sondervermögen ein ausgesonderter Bestandteil des Verwaltungsvermögens. Der Fonds dient der Finanzierung von baulichen Massnahmen:
- Grössere Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten: Dachsanierungen, Fassadenrenovationen, Ersatz der Heizungsanlage, Sanierung von Wasser- und Elektroinstallationen.
- Langfristige Investitionen: energetische Sanierungen, Ersatz gemeinschaftlicher technischer Anlagen (z.B. Lift, Wärmepumpe).
- Unvorhergesehene Ereignisse, die nicht durch Versicherungen gedeckt sind, wie z.B. Schäden an Leitungen.
Durch die regelmässige Äufnung wird eine gleichmässige Belastung über die Jahre erreicht. Ohne Fonds müssten die Eigentümer im Zeitpunkt der Sanierung hohe einmalige Sonderbeiträge leisten, was bei den einzelnen Stockwerkeigentümern regelmässig zu Liquiditätsproblemen führen kann.
Rechtsnatur der Beiträge
Die Beiträge an den Erneuerungsfonds der einzelnen Stockwerkeigentümer gelten als eine besondere Art von Vorschussleistungen an die gemeinschaftlichen Kosten und Lasten der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Bei den Beiträgen handelt es sich um realobligatorische Verpflichtungen, die durch das Gemeinschaftspfandrecht nach Art. 712i ZGB (siehe weiter unten) und das Retentionsrecht nach Art. 712k ZGB (siehe ebenfalls weiter unten) gesichert werden.
Errichtung des Erneuerungsfonds
Die Errichtung eines Erneuerungsfonds ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, obwohl dies in jüngerer Vergangenheit im Parlament diskutiert wurde. Jedoch gilt die Errichtung eines Erneuerungsfonds als «Best Practice». Im Kanton Luzern haben ca. 80% der Stockwerkeigentümergemeinschaften einen Erneuerungsfonds erreichtet.
Die Errichtung des Erneuerungsfonds kann im Begründungsakt der Stockwerkeigentümergemeinschaft oder im Stockwerkeigentümerreglement bestimmt werden. Es ist aber auch möglich, die Errichtung mittels Beschlusses der Stockwerkeigentümerversammlung festzulegen. Folgende Punkte sollten die Stockwerkeigentümer bei der Errichtung des Fonds regeln:
- Schuldner der Beiträge: Wer wird verpflichtet einzubezahlen?;
- Zweckbestimmung: Was soll mit dem Geld finanziert werden?;
- Beitragshöhe: z.B. 0,3–0,5 % des Gebäudeversicherungswerts pro Jahr;
- Modalitäten der Einzahlungen: monatlich, vierteljährlich oder jährlich;
- Ein allfälliges Maximum: z.B. wenn 10% des Gebäudeversicherungswerts erreicht ist, muss nicht weiter einbezahlt werden;
- Bestimmungen über die Verwaltung des Fonds;
- Bestimmungen zur späteren Auflösung des Fonds.
Was passiert mit den einbezahlten Beträgen beim Verkauf?
Verkauft ein Stockwerkeigentümer seine Einheit, so stellt sich die Frage, was mit dem von ihm bezahlten Beiträgen passiert. Die geäufneten Beiträge an den Erneuerungsfonds verbleiben bei einem Verkauf einer Stockwerkeigentumseinheit im Fonds. Das hat zur Folge, dass die Einheit einen höheren Wert hat, was denn auch in einem höheren Verkaufspreis widerspiegelt wird. Regelmässig wird im Kaufvertrag festgehalten, dass die geäufneten Beiträge mit der Bezahlung des Kaufpreises abgegolten sind.
Praxisempfehlung
Ein gut geplanter und ausreichend dotierter Erneuerungsfonds schützt vor Konflikten und finanziellen Engpässen. Empfohlen wird, periodisch eine Zustandsanalyse der Liegenschaft und einen langfristigen Investitionsplan zu erstellen. Daraus lässt sich die optimale Beitragshöhe ableiten.
Beispiel
Eine Gemeinschaft plant in den nächsten 15 Jahren eine Fassadensanierung (CHF 150'000) und den Ersatz der Heizungsanlage (CHF 80'000). Bei einer jährlichen Äufnung von CHF 15'000 ist sichergestellt, dass diese Projekte finanziert werden können, ohne dass hohe einmalige Nachschüsse fällig werden.
5. Sicherung der Bezahlung
Damit die Gemeinschaft ihre Rechnungen zuverlässig bezahlen kann, sieht das Gesetz zwei zentrale Sicherungsinstrumente vor:
Gemeinschaftspfandrecht (Art. 712i ZGB)
Die Stockwerkeigentümergemeinschaft kann für die auf die letzten drei Jahre entfallenden Beitragsforderungen ein Pfandrecht am Stockwerkeigentumsanteil errichten lassen. Dieses sogenannte Gemeinschaftspfandrecht wird im Grundbuch eingetragen und dient der Sicherstellung von:
- ordentlichen Beitragsforderungen (Betriebskosten, Unterhalt),
- Beiträgen an den Erneuerungsfonds,
- Nachforderungen aus nicht gedeckten Gemeinschaftsschulden.
Das Gemeinschaftspfandrecht ist ein starkes Druckmittel: Bei Nichtbezahlung kann die belastete Stockwerkeigentumseinheit zwangsverwertet werden. Es schützt damit nicht nur die Interessen der Gemeinschaft, sondern auch jene von Drittgläubigern, die auf eine funktionierende Finanzierung angewiesen sind.
Retentionsrecht (Art. 712k ZGB)
Zusätzlich verfügt die Gemeinschaft über ein gesetzliches Retentionsrecht an den beweglichen Sachen in den Räumen des säumigen Stockwerkeigentümers. Dieses Recht erlaubt es der Gemeinschaft, bewegliche Sachen, wie beispielsweise Möbel oder technische Geräte, zurückzubehalten, bis die Beitragsforderungen beglichen sind. Das Retentionsrecht erstreckt sich auf die Beitragspflichten der letzten drei Jahre. Das Retentionsrecht der Stockwerkeigentümergemeinschaft ist dabei analog zu demjenigen des Vermieters ausgestaltet.
Aktuell wird diskutiert, ob das gesetzliche Retentionsrecht – im Rahmen einer Revision des Stockwerkeigentümerrechts – abgeschafft werden soll.
6. Fazit
Die Ausgestaltung des Stockwerkeigentums hat zur Folge, dass die Stockwerkeigentümer für diverse Kosten gemeinsam aufkommen müssen. Die Finanzierung dieser gemeinschaftlichen Kosten ist rechtlich gut abgesichert. Art. 712h ZGB verpflichtet alle Eigentümer zur anteilsmässigen Kostenbeteiligung. Kommt ein Eigentümer seiner Pflicht nicht nach, stehen der Gemeinschaft starke Sicherungsinstrumente zur Verfügung: das Gemeinschaftspfandrecht nach Art. 712i ZGB und das Retentionsrecht nach Art. 712k ZGB. Besonders der Erneuerungsfonds ist ein wichtiges Element für eine nachhaltige Werterhaltung der Liegenschaft. Eigentümer sollten daher auf eine regelmässige und ausreichende Äufnung achten – nicht zuletzt in ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse.
Es lohnt sich, innerhalb der Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer präzise und umfassende Regelungen zu den gemeinschaftlichen Kosten und Lasten zu definieren. Zudem ist es empfehlenswert, über einen Erneuerungsfonds nachzudenken, damit die Gemeinschaft für künftig anfallende Kosten gewappnet ist.
Tipp des Notars: Wer eine Stockwerkeinheit kauft, sollte sich über den Stand des Erneuerungsfonds informieren.