Grundsatz: Mietverhältnis geht auf neue Eigentümerschaft über
Gemäss Art. 261 Abs. 1 OR gilt der Grundsatz:
- Beim Verkauf einer vermieteten Liegenschaft geht das bestehende Mietverhältnis automatisch auf den neuen Eigentümer über.
Das bedeutet: Der Mietvertrag bleibt nach dem Verkauf bestehen – mit denselben Bedingungen wie zuvor.
Die neue Eigentümerschaft tritt anstelle der bisherigen in den Mietvertrag ein. Es braucht dazu keine Zustimmung der Mietpartei, keine neuen Verträge und keine speziellen Formulare.
Dieser Automatismus schützt die Mieterinnen und Mieter vor plötzlichem Wohnungsverlust und sichert ihnen Kontinuität – auch wenn der Besitzer der Liegenschaft wechselt.
Ausnahme: Kündigung wegen Eigenbedarf
Auch wenn das Mietverhältnis übernommen wird, gibt das Gesetz der neuen Eigentümerschaft ein Kündigungsrecht bei Eigenbedarf. Gemäss Art. 261 Abs. 2 lit. a OR darf das Mietverhältnis von Wohn- und Geschäftsräumen gekündigt werden, wenn:
- die neue Eigentümerschaft dringend Eigenbedarf für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte geltend machen kann,
- und sie dabei die gesetzliche Kündigungsfrist und den nächsten gesetzlichen Termin einhält.
In der Praxis ist diese Regelung heikel, da die Gerichte den Eigenbedarf genau prüfen. Will jemand eine Wohnung nach dem Kauf für sich selbst nutzen, muss der Bedarf glaubhaft und nachvollziehbar begründet sein. Reine Renditeüberlegungen oder „konstruiertes“ Interesse genügen nicht.
Schutz für Mieter: Mietvertrag im Grundbuch vormerken lassen
Damit ein Mietverhältnis auch bei einem Eigentümerwechsel zusätzlich abgesichert ist, bietet das Gesetz eine Möglichkeit: die Vormerkung des Mietvertrags im Grundbuch (Art. 261a OR).
Diese Eintragung schützt die Mietpartei auch gegenüber künftigen Käuferinnen und Käufern – selbst dann, wenn der neue Eigentümer Eigenbedarf geltend machen will. Eine Kündigung wäre dann in der Regel nicht mehr möglich, solange die Mietdauer oder der Vertrag läuft.
Die Vormerkung muss ausdrücklich verlangt und beim Grundbuchamt eingetragen werden. Sie eignet sich besonders bei langfristigen gewerblichen Mietverträgen oder bei besonders schützenswertem Wohnraum.
Was passiert mit den Mieterträgen?
Mit dem Eigentumswechsel – d. h. mit dem Eintrag im Grundbuch (dem sog. „Tagebucheintrag“) – gehen nicht nur Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag auf die Käuferschaft über, sondern auch:
- Der Anspruch auf die Mieterträge.
Das bedeutet: Ab dem Tag der Eigentumsübertragung hat die neue Eigentümerschaft Anspruch auf die Mieten, unabhängig davon, wann bezahlt wurde. Allenfalls bereits im Voraus bezahlte Mieten müssen bei der Eigentumsübertragung anteilsmässig unter den Parteien geregelt oder im Kaufpreis berücksichtigt werden.
Übergabe der Liegenschaft: Frei von Mietverhältnissen oder nicht?
Im Kaufvertrag wird klar festgehalten, ob das Kaufobjekt frei von Mietverhältnissen übergeben wird oder bestehende Mietverträge übernommen werden. Steht die Liegenschaft leer, ist die Regelung einfach. Bei vermieteten Objekten sind jedoch die genauen Bedingungen zu klären:
- Wer informiert die Mieterschaft über den Verkauf?
- Ab wann steht die Miete der Käuferschaft zu?
- Gibt es besondere Abreden im Mietvertrag, die übernommen werden müssen?
Eine saubere Regelung im Kaufvertrag und eine frühzeitige Information der Mietparteien vermeiden Missverständnisse und schaffen Vertrauen.